Samstag, 13. Januar 2024

Kirche in der Geschichte verstehen (5)


Wie sah das Leben eines Kanonikers aus?

Erst einmal sollte klar sein, dass Kollegiatkapitel von unterschiedlichem Wohlstand waren und daher auch von unterschiedlicher Mitgliederstärke. Beliebt waren biblische Zahlen, wie z.B. zwölf. Doch auch sechs oder nur vier sind bekannt.

Gewöhnlich ergänzten sich die Kapitel selbst. Starb ein Kanoniker, wählten die verbliebenen Kanoniker einen Nachfolger. Mit dem ausgehenden Mittelalter wurde dies jedoch immer wieder durchbrochen. So wurden mancherorts Kanonikate an Universitäten vergeben, welche hiermit ihre Professoren besoldeten. So besaß die Universität Köln unter anderem zwei Kanonikate an der Stiftskirche St. Maria im Kapitol. Eines davon stand stets dem Professor für Botanik zu. Durchbrochen wurde die Selbstergänzung seit dem 17. Jahrhundert zudem durch die Anfragen von Landesherren und Bischöfen. Diesen trug man immer wieder Rechnung, da man auf ein gutes Verhältnis angewiesen war.

Ein Kanoniker musste bei seiner Aufnahme einen Eid auf die Stiftsverfassung leisten. Mit einer "Dienstwohnung" versehen, bezog er häufig seine Einkünfte nicht direkt, sondern musste ein bis zwei Jahre warten. Zur Teilnahme am Chorgebet und an der gemeinsamen Messe verpflichtet, bestand ein Teil des Einkommens aus Präsenzgeldern. Also: keine Anwesenheit, kein Geld. Auch musste ein Kanoniker nicht unbedingt Priester sein. Häufig gab es bestimmte Kanonikate, welche Priestern oder Diakonen vorbehalten waren, für die übrigen aber genügte die Weihe zum Subdiakon oder die Minores. 

Das Chorgebet wurde im Stehen gesungen und nahm am Tag etwa 8 Stunden ein. Um sich im Winter vor Kälte zu schützen, nutzte man in dieser Jahreszeit eine Mozetta aus Pelz. Befanden sich die Kanoniker zum Chorgebet im Chorgestühl vor dem Hochaltar, befand sich das Chorgestühl der Kanonissen auf einer Westempore, so daß man sie hören, aber nicht sehen konnte.


Regelmäßig traf man sich zum Kapitel. Hier wurden die Aufgaben vergeben, welche die Kanoniker zu verrichten hatten. Nur ein Teil davon bezog sich auf die Liturgie. Da das Stiftskapitel seine Güter selbst verwalten musste, wurden hier auch die Verwaltungsaufgaben vergeben. In der Regel handelte es sich dabei um bestimmte Güter, die dann aber über längere Zeit bei dem Kanoniker verblieben. Im Generalkapitel, welches einmal im Jahr stattfand, musste der Kanoniker dann Rechenschaft über seine "Verwaltungstätigkeit" geben. Mangelhafte Residenz wurde in der Regel also kaum geduldet, da damit die Arbeitslast der einzelnen stieg. Wirtschaftliche Sanktionen folgten dann recht schnell. 

Teil 4 --- Teil 6

(www.damian-hungs.de)

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