Interview mit Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238–1261)


Frage: Hochwürdigster Herr, die Menschen erinnern sich vor allem an Sie als denjenigen, der 1248 den Grundstein des Kölner Domes legte. Was bewegte Sie dazu?

Konrad von Hochstaden:

Die Kirche zu Köln war seit Jahrhunderten eine ehrwürdige Stätte, doch für die Reliquien der heiligen Magier war kein Bau groß genug. Seit Rainald von Dassel die Gebeine der Könige aus Mailand nach Köln gebracht hatte (1164), strömten Pilger hierher, um die Heiligen zu verehren. Der alte Dom konnte dies nicht mehr fassen. Deshalb habe ich am Fest Mariä Himmelfahrt 1248 den ersten Stein gelegt, im Beisein vieler Fürsten. Wie die Annales Colonienses berichten: Conradus archiepiscopus lapidem primarium posuit cum magna solemnitate.

Der Bau ist nicht nur Werk menschlicher Hände, sondern Spiegel des himmlischen Jerusalem (Offb 21). Er ist ein Zeichen dafür, dass Köln das Haupt der deutschen Kirchen ist. Und er ist ein Zeugnis unseres Glaubens: ut credentes videant et videbunt credentes.


Frage: Sie haben sich nicht nur als Bauherr, sondern auch als machtbewusster Reichsfürst gezeigt. Wie verbinden Sie Ihr geistliches Amt mit politischem Handeln?

Konrad von Hochstaden:

Ein Erzbischof von Köln ist nicht nur Seelsorger, sondern auch Reichsfürst, Erzkanzler von Italien und einer der Kurfürsten. Meine Aufgabe ist, Frieden und Ordnung zu sichern. Der Apostel sagt: Non est potestas nisi a Deo (Röm 13,1) – jede Gewalt kommt von Gott.

Darum musste ich eingreifen, wenn in der Stadt Köln Aufruhr entstand. Die Bürger wollten sich Freiheiten nehmen, die ihrer Stellung nicht zukamen. Ich habe ihre Macht eingeschränkt, nicht aus Willkür, sondern um die göttliche Ordnung zu bewahren. Denn ohne Herrschaft zerfällt das Gemeinwesen.

Chronisten mögen sagen, ich sei hart gewesen – aber Härte war notwendig, damit die Kirche in Köln nicht unter dem Stolz der Kaufleute zerfiel.


Frage: Sie haben zunächst Kaiser Friedrich II. unterstützt, später aber dem Papst gehorcht und Wilhelm von Holland als König gefördert. Warum dieser Wechsel?

Konrad von Hochstaden:

Es war kein Wechsel aus Laune, sondern aus Treue zur Kirche. Anfangs schien Friedrich der Kirche wohlgesinnt, doch bald verachtete er die Gebote Roms. Schon Papst Innozenz IV. sprach 1245 in Lyon den Bann über ihn. Wer sollte ich sein, wenn ich dem gebannten Kaiser mehr gehorchte als dem Stellvertreter Christi?

Darum erhob ich Wilhelm von Holland zum König, auf dass das Reich nicht ohne Haupt bleibe. Matthaeus Paris schrieb darüber: Archiepiscopus Coloniensis, vir prudens et potens, magnum favorem praebuit Wilhelmo regi electo. Ich habe nicht meinem Vorteil, sondern dem Heil des Reiches gedient. Denn ohne König verfällt das Reich in Zwietracht, und das Reich ist doch Schild und Schutz der Kirche.


Frage: Kritiker werfen Ihnen vor, Sie hätten weniger die Seelsorge, sondern mehr die Macht im Blick gehabt. Was sagen Sie dazu?

Konrad von Hochstaden:

Die Menschen beurteilen nach dem Äußeren, Gott aber sieht das Herz. Ja, ich habe für die Ordnung gekämpft, für Bauwerke gesorgt, für Bündnisse gestritten – doch auch das gehört zur Sorge des Hirten. Ein Bischof, der nur betet und nicht handelt, schützt seine Herde nicht.

Darum habe ich Klöster gefördert, die Armen unterstützt, und auch den Orden Christi – den Deutschen Orden – gestärkt, auf dass sie in Preußen und im Heiligen Land wirken. Dies ist geistliche Sorge, wenn auch in anderer Gestalt.

Die Annales Wormatienses nennen mich einen vir strenuus et magnanimus – tatkräftig und großmütig. So möge man mich sehen: nicht nur als Fürst, sondern als Diener Gottes im Gewand eines Fürsten.


Frage: Was bedeutet Ihnen persönlich der Kölner Dom, über den hinaus Sie doch in vielem als streitbarer Kirchenfürst gelten?

Konrad von Hochstaden:

Der Dom ist mein Vermächtnis. Mögen die Menschen streiten über meinen Eifer, über meine Bündnisse, über meine Strenge – doch wenn sie die Türme des Domes sehen, werden sie sich an den Glanz Gottes erinnern.

Die Reliquien der Heiligen Drei Könige ruhen dort, und die Pilger werden noch nach Jahrhunderten kommen. Wer aber vor den Königen niederkniet, kniet vor Christus, dem wahren König. Darum ist der Dom mehr wert als jede meiner politischen Taten. Er ist das steinerne Evangelium, das bleibt, wenn alle Worte verwehen.


Frage: Was erhoffen Sie sich von der Nachwelt?

Konrad von Hochstaden:

Ich weiß, dass Chronisten streng urteilen. Doch ich hoffe, dass man erkennt: Ich habe gehandelt, wie es meine Zeit verlangte. Ich habe den Glauben in Stein gefasst, das Reich gestützt, die Kirche verteidigt.

Wenn man mich als hart ansieht, so war ich hart um des Friedens willen. Wenn man mich als streitbar sieht, so war ich streitbar um der Ehre Gottes willen. Und wenn man mich als Bauherrn sieht, so war ich Bauherr eines Hauses, das die Herrlichkeit des Himmels widerspiegelt.

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