Journalist: Herr Erzbischof, Ihr Leben war von Macht und Politik geprägt, aber ebenso von Spiritualität. Wie haben Sie diese beiden Welten miteinander vereint?
ANNO: Für mich waren sie nie getrennt. Politik ohne Glauben verkommt zur bloßen Jagd nach Macht. Glaube ohne Ordnung bleibt wirkungslos. Mein Streben war es, das Irdische dem Himmlischen dienstbar zu machen – sei es in der Verwaltung des Reiches oder im Bau einer Kirche.
Journalist: Sie haben zahlreiche Klöster gegründet: Siegburg, Grafschaft, Saalfeld. Was lag Ihnen daran?
ANNO: Klöster sind die Werkstätten Gottes. Dort wird gebetet, gelehrt, gearbeitet. Sie sind Orte, an denen Himmel und Erde sich berühren. Ich wollte, dass diese Orte wie Leuchtfeuer am Rhein und in Westfalen aufstrahlen – nicht nur für Mönche, sondern für das Volk, das von ihrem Gebet und ihrer Bildung profitiert.
Journalist: Sie galten als Förderer von Bildung. Warum war Ihnen das so wichtig?
ANNO: Weil Unwissenheit die Seele fesselt. Ein Priester ohne Bildung ist wie ein Soldat ohne Waffe. In den Schulen, die ich gefördert habe, sollten junge Männer nicht nur die Schrift verstehen, sondern auch die Weisheit der Väter. Bildung ist kein Luxus – sie ist Voraussetzung für eine Kirche, die das Reich tragen kann.
Journalist: Viele Ihrer Bauwerke prägen Köln und das Rheinland bis heute. Was wollten Sie mit diesen steinernen Zeichen ausdrücken?
ANNO: Jeder Bau ist ein Gebet aus Stein. Eine Kirche wie in Siegburg erhebt den Menschen, zwingt ihn, den Blick nach oben zu richten. Türme, die in den Himmel ragen, Mauern, die Jahrhunderte überstehen – sie sind Erinnerung an die Ewigkeit. Wir bauen nicht für den Tag, sondern für kommende Generationen.
Journalist: Sie lebten streng, asketisch, trotz Ihrer Stellung als Fürst. Wie haben Sie das mit der Pracht von Kirchenbauten vereinbart?
ANNO: Strenge für mich, Schönheit für Gott. Ich benötigte keinen Prunk an meinem Tisch, kein weiches Lager. Aber Gott verdient das Beste, das wir auf Erden schaffen können. Darum sind die Altäre reich, die Hallen weit, die Gesänge erhaben – nicht um Menschen zu gefallen, sondern um die Seele zur Andacht zu führen.
Journalist: Und doch werden Sie bis heute zwiespältig gesehen – Heiliger hier, Machtmensch dort. Wie möchten Sie in Erinnerung behalten werden?
ANNO: Nicht als Heiliger im goldenen Rahmen, nicht als Fürst auf dem Thron, sondern als einer, der trotz aller Fehler versuchte, Gott einen Platz im Reich zu sichern – durch Gebet, durch Lehre, durch Stein.

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