Der heilige Severin war der dritte Bischof von Köln und lebte vermutlich im späten 4. und frühen 5. Jahrhundert. Über sein Leben ist nur wenig gesichert bekannt, doch wird er traditionell als bedeutender Kirchenmann und Förderer des frühen Christentums im Rheinland verehrt. Die Legenden beschreiben ihn als frommen und mildtätigen Hirten seiner Gemeinde, der sich besonders für Arme und Bedürftige einsetzte. Er soll maßgeblich zum Erhalt der kirchlichen Ordnung in einer Zeit großer Umbrüche beigetragen haben – in einer Epoche, in der das Römische Reich zerfiel und neue politische Strukturen entstanden. Severin starb um das Jahr 400 n. Chr. und wurde in Köln beigesetzt, wo sein Andenken über die Jahrhunderte hinweg lebendig geblieben ist.
Vermutlich wurde Severin zunächst auf dem römischen Gräberfeld rund um die heutige Kirche bestattet. Ob seine erste Bestattung tatsächlich im Bereich des ursprünglichen Kirchenbaus aus dem 4. Jahrhundert erfolgte, lässt sich nicht eindeutig belegen, ist aber möglich.
Heute befinden sich die Gebeine des Heiligen in einem kunstvollen Schrein von 1819, der im Hochchor von St. Severin aufgestellt ist. Im Jahr 1999 wurde dieser Schrein geöffnet und eingehend untersucht. Neben den verehrten Gebeinen enthielt er eine hölzerne Reliquienlade aus dem 10. Jahrhundert, zahlreiche farbenprächtige Textilien aus dem 7. bis 10. Jahrhundert, Siegel vergangener Schreinöffnungen seit dem Jahr 948 sowie Fragmente von Holz, Leder, Weintraubenkernen – und sogar die Knochen einer Maus. Diese Funde deuten auf eine intensive Verehrung Severins bereits im Frühmittelalter hin.
Die wissenschaftliche Untersuchung der Gebeine ergab, dass es sich um einen etwa 159 cm großen Mann handelte, der laut Strontiumanalysen seine Kindheit vermutlich in Köln oder im linksrheinischen Umland verbracht hatte – also in einem romanisierten Kulturraum. Der Mann war etwa 55 Jahre alt, als er starb. Daraus ergibt sich ein mögliches Sterbejahr um 410 n. Chr.
Zahlreiche Hinweise deuten darauf hin, dass es sich um eine sozial hochrangige Bestattung handelte. So sprechen etwa eine mögliche Einbalsamierung und ein besonders kostbares Textil – ein sogenannter Blöckchendamast aus dem 3. oder 4. Jahrhundert – dafür, der in der Markhöhle eines der Knochen gefunden wurde. Vermutlich war dieser Stoff Teil der ursprünglichen Grabbeigaben. Diese Befunde legen nahe, dass es sich tatsächlich um die sterblichen Überreste des heiligen Severin handeln könnte – ein endgültiger Beweis dafür fehlt jedoch.
Die Frage nach der Identität der Gebeine ist Teil einer größeren wissenschaftlichen Diskussion: Gab es im 5. und frühen 6. Jahrhundert einen Einbruch des christlichen Lebens und seiner Strukturen im Rheinland? Auch im Fall Severins klafft eine zeitliche Lücke zwischen der möglichen Bestattung um 400 n. Chr. und der frühesten belegbaren Verehrung ab der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts.

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