Montag, 25. September 2023

Der Abbé (Teil 3)


Wenn wir heute auf die Geistlichkeit schauen, so stellen sich immer wieder dieselben Fragen.

A Ist er Bischof, Priester oder Diakon?

B Ist er Ordensmann oder Weltgeistlicher. Wenn er Ordensmann ist, dann stellt sich noch die weitere Frage, ob er Ordenspriester ist oder „nur“ Ordensbruder, also ohne Weihen?

C Welche Funktion nimmt er ein? Hat er Karriere gemacht und trägt violette Farbe oder ist er nur …

Wenn wir auf den Abbé schauen, dann müssen sie sich von all diesen Fragen verabschieden. Sie spielen schlicht und ergreifend keine Rolle. Ein Abbé kann von seiner Weihe her sowohl Bischof, wie Priester, (verheirateter) Diakon oder auch Ordensbruder sein. Man sieht es ihm nicht an. Denn seine Weihestufe spielt außerhalb der Liturgie keine Rolle. Es spielt auch keine Rolle ob er Ordensmann ist oder nicht. Bis zu einem gewissen Grad jedenfalls. Denn in dem Moment, in welchem ein Ordensmann in seinem Ordenskleid erscheint, verlässt er die „Anonymität“ des Abbé und ist klar zuzuordnen, auch wenn sich sein Verhalten nicht ändert. Doch ist seine Wahrnehmung nun eine andere. Und darauf kommt es an.

Der Abbé ist in der Anrede immer der Abbé, der Pater oder der Herr Pfarrer. Niemals ist er aber der Herr Bischof, der Herr Generalvikar oder der Herr Prälat. Denn seine Weihestufe und sein „Amtsrang“ treten immer hinter dem persönlichen (geistlichen) Menschen zurück. Sowohl hinter dem Geistlichen, wie auch hinter dem Menschen.

Der Abbé ist nichts für Menschen, die sich verstecken wollen. Denn alles, wohinter man sich verstecken könnte, spielt keine Rolle mehr. Es geht schlicht und ergreifend um den Menschen selbst. Ein Mensch, von dem selbstverständlich erwartet wird, dass er ein geistlicher Mensch ist. „Als XXX würde ich XXX sagen“ kann und darf nicht mehr vorkommen, wird nicht mehr akzeptiert. Es gilt nur noch die klare, eigene Aussage und wofür die Person, also der jeweilige Abbé, steht (Glaubwürdigkeit).

Dies kann natürlich zu jeder Zeit auch zur Gefahr werden. Hat doch jeder von uns auch eine Funktion, einen Job. Und da ist dann wieder die böse, kleine Falle der Wahrhaftigkeit. Tue ich tatsächlich das, wofür ich als Mensch stehe? Wenn nicht, warum ziehe ich keine Konsequenzen? Und dann die Gefahr, dass nämlich die Gesellschaft den Abbé als doppeltes Lottchen nicht akzeptiert und ihn mit Verachtung aus ihrer Mitte verstößt. Und mit was? Mit Recht!

Schauen wir auf die Gestalt des Abbé in der Geschichte, so war es immer eine Gestalt, von welcher persönliche Wahrhaftigkeit gefordert wurde. Eine Forderung, welche auch noch heute erfüllt werden will. Es steht nicht die Frage nach dem Weihegrad oder der Karrieresprosse im Raum, sondern die Authentizität des konkreten Menschen, der von sich selbst sagt: ich bin ein geistlicher Mensch.

Teil 2 --- Teil 4

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